Die zunehmend instabile Lage insbesondere die politischen Spannungen zwischen Preussen und Frankreich bereiteten dem cavembourgischen Ministerpräsidenten Hans Esuh zunehmend Sorgen. Er wollte Cavembourg fest in die Bündnisse Europas einbinden. Heinrich I. beharrte auf der Neutralität und Souveränität des Landes. So kam es 1864 zum offenen Konflikt der beiden Männer in dessen Verlauf Esuh beim französischen Kaiser Napoleon III. Hilfe erbat um falls nötig Heinrich I. auch gewaltsam zur Abdankung zu bewegen.
Der französische Kaiser, angeschlagen durch sein gescheitertes Engagement in Mexico und die Vormachtstellung Preussens nach dem preussisch-österreichischen Krieg, sah eine Chance für einen, wenn auch kleinen, außenpolitischen Erfolg und entsendete einen kleinen Trupp berittener Soldaten. Heinrich I. konnte seiner Absetzung zuvorkommen und fliehen. Er versteckte sich in den cavembourgischen Wäldern und begab sich 1865 zunächst ins Exil in die Schweiz, 1866 dann nach Rumänien.
Über diesen Abschnitt in Heinrichs Leben wird später noch ausführlich berichtet….
Frankreich erklärte sich bereit Cavembourg als teilsouveränen Staat unter französischer Führung anzuerkennen. Napoleon III. ernannte sich zum Cofürsten mit allen königlichen Privilegien. Hans Esuh war als erster Repräsentant und Statthalter Frankreichs in Cavembourg direkt der französischen Führung unterstellt. Cavembourg war faktisch von Frankreich annektiert und nun eine französische Enklave im Großherzogtum Luxemburg.
Mit Mitteln aus Frankreich konnten wichtige Infrastrukturmaßnahmen schneller vorangetrieben werden. Noch unter Heinrich I. war ein Bahnhof in unmittelbarer Nachbarschaft zu seiner Residenz, der Heinrichsburg, geplant und während seiner Flucht mit Geld aus Frankreich, noch vor einem Bahnhof der noch namenlosen Hauptstadt, im Frühjahr 1865 fertiggestellt. Von hier gab es nun einen Bahnanschluss an die Strecke Luxemburg-Grevenmacher-Trier. Gleichzeitig begannen Verhandlungen mit Luxemburg unter Führung Georges-Eugène Baron Haussmann über eine Bahnstrecke zwischen der Hauptstadt Cavembourgs und Paris.
Die „Adler“ in Cavembourg

Als die erste deutsche Dampflokomotive „Adler“ 1857 nach 22 Jahren Dienstzeit bei der Königlich privilegierte Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft ausgemustert wurde, kaufte sie der Augsburger Geschäftsmann Ludwig August Riedinger (1809 -1879) samt Tender aber ohne Räder und anderen Verschleißteilen.
Riedinger galt nicht nur als Menschenfreund, sondern auch als erster Mensch, der das Hobby Eisenbahn für sich entdeckte. So gründete er eine Kranken– und Pensionskasse für die Mitarbeiter seiner „Augsburger Mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei“, verhinderte mit seiner menschenfreundlichen Haltung Unruhen innerhalb seiner Arbeiterschaft im Revolutionsjahr 1848 und ließ die „Adler“ in den Werkstätten seiner Fabrik fahrtüchtig renovieren um „mit ihr durch den Garten zu erfahren“.
Dazu kam es aber nie. Er lagerte sie nach der Instandsetzung in einem Schuppen, erklomm von Zeit zu Zeit den Führerstand und hielt sie bis ins Jahr 1865 in Schuss.
Als er von der, wie er glaubte, „Befreiung“ Cavembourgs durch die Franzosen hörte, der Vertreibung des letzten absolutistischen Königs und vom Bau der staatlichen Eisenbahn, schenkte er seine „Adler“ der neuen cavembourgischen Eisenbahngesellschaft: „…dem jungen Staate Cavembourg zum Wohle seiner freien Bürger auf ein höchstes unterstützen die Fesseln der Unterjochung zu sprengen und hinein zu erfahren in die Welten Länder!“ wie es Riedinger in seiner Schenkungsurkunde formulierte.
Riedinger irrte sich zwar, denn die Bevölkerung Cavembourgs fühlte sich weder übermässig unterjocht noch musste man sie im allgemeinen befreien, aber die „Adler“ übernahm man dankend in den Planbetrieb zwischen Bahnhof Heinrichsburg und dem luxembourgischen Bahnhof Grevenmacher. Im Jahr 1890 wurde sie entgültig außer Dienst gestellt und nach dem „Cavembourger Dampflokspektakel“ 1895 schließlich verschrottet. Riedinger erlebte dies nicht mehr, er starb 1879.



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