Das Dampflokspektakel von Cavembourg 1896 – Teil 1

Die staatliche Eisenbahngesellschaft SRCF veranstaltete zum 70. Geburtstag von König Karl I. am 25. September 1896 ein in Europa einmaliges Dampflokspektakel. Als Vorbild dienten die in den USA populären, absichtlich herbeigeführten Dampflokzusammenstöße, die regelmäßig zahlreiches Publikum anlockte. So war erst ein Jahr zuvor in Texas ein spektakulärer Dampflokcrash vor 40 000 Zuschauern durchgeführt worden, bei dem es durch die Kesselexplosionen der beiden Lokomotiven zahlreiche Verletzte und sogar Tote zu beklagen gab – was aber den Erfolg des Spektakels nicht schmälern konnte.

Plakat Lokcrash
Foto 1: Ein Plakat für das Dampflokspektakel in Cavembourg

In Cavembourg standen die beiden Dampflokomotiven der ersten Generation zur Verfügung: Die Adler und die Lok 3029. Die Adler war bereits seit 1890 in Z-Stellung und konnte für dieses Vorhaben wiederbelebt werden, die 3029 war kurz zuvor ausgemustert worden.
Es ging der SRCF aber nicht nur um Publikumsbelustigung am Königsgeburtstag. Bei dem geplanten Zusammenstoß sollte auch technische Neuerungen erprobt und das Verhalten von Dampflokomotiven bei Zugunfällen erforscht und verbessert werden. Da Ingenieure das Dampflokspektakel begleiteten und dokumentierten, gilt es heute als der erste Crashtest der Geschichte, Jahrzehnte vor den ersten Crashtests der Automobilindustrie in 1959. der Automobilindustrie in 1959.

Lokzahnrad
Foto 2: Um die Endgeschwindigkeit der Lokomotiven zu erhöhen wurden einige technische Änderungen an den Maschinen vorgenommen. Angestrebt waren 80 km/h – also mehr als das Doppelte der regulären Endgeschwindigkeit dieser beiden Veteranen. Die Ingenieure erreichten dies mit einer Reduzierung des Gewichts durch den Abbau nicht benötigter Komponenten und mit einer speziell entwickelten Zahnradübersetzung, die zwischen die Antriebsräder gesetzt wurde. So konnte die Geschwindigkeit maximiert werden. Der Pfeil deutet auf die auch von außen sichtbare nachgerüstete Zahnradübersetzung der Lok 3029. Diese Konstruktion wurde später in vielen Dampflokomotiven, aber auch in Diesel- und Elektrolokomotiven, eingesetzt.

Da die Veranstaltung auf regulären Gleisen der SRCF stattfinden sollte, musste der Eisenbahnbetrieb im ganzen Land für diesen Tag eingestellt werden. Die meisten Zuschauer reisten also schon einen Tag früher an und übernachteten in Cavembourg. Erwartet hatte man etwa 5000 Schaulustige, es kamen schließlich über 15 000 Menschen aus ganz Europa um dem Spektakel beizuwohnen. Viele übernachteten in den provisorisch errichteten Zelten, die man kurzerhand aus den ehemaligen französischen Militärdepots zur Verfügung stellte und mit Federbetten, Teppichen und Waschgelegenheit komfortabel einrichten ließ.

Es war ein wunderschöner, warmer Septembertag und die Sonne wärmte noch einmal die herbstliche Farbenpracht der Wälder des schönen Cavembourg: Königsgeburtstagswetter! Die Eisenbahnstrecke lag in einem Tal eingerahmt von zwei sanft abfallenden Bergrücken, auf denen Tribünen und Sitzgelegenheiten aufgebaut worden waren. Es gab zahlreiche Verköstigungen, Musikkapellen spielten, es gab Glücksspiele, Schaustellerbuden und ein Unterhaltungsprogramm für die ganze Familie. Volksfeststimmung machte sich breit.

Die Kontrahenten vor dem Crash
Foto 3: Die beiden Dampf-Veteranen vor ihrer letzten Fahrt. Das Königspaar ist im Führerstand der Adler zu erkennen. Ministerpräsidenten Roco Austria und anderen Ehrengästen stehen davor. Es herrschte ausgelassene Volksfeststimmung.

Teil 2 folgt…..

2 Kommentare zu „Das Dampflokspektakel von Cavembourg 1896 – Teil 1

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