Laut dem Polizeibericht wurde der Transportzug mit dem OVNIC am Nachmittag des 14. November 1900 gegen 16 Uhr 30 kurz hinter der französisch-luxemburgischen Grenze durch querliegende Baumstämme auf den Gleisen zum Stehen gebracht. Die Lok war aus den Gleisen gesprungen und wenige Meter auf dem Schotterbett weiter gefahren. Mindestens vier Männer konnten vom parallel verlaufenden Weg eine Lastenkutsche heranführen, das OVNIC umladen und unerkannt entkommen. Der Lokomotivführer erlitt eine Gehirnerschütterung und eine Platzwunde an der Stirn, der Heizer zog sich mehrere Rippenbrüche zu. Auf Grund der schlechten Sichtbedingungen und des daraus resultierenden gedrosselten Fahrtempos war kein größeres Unglück geschehen.
Zeitungsausschnitt: International erregte das Geschehen große Aufmerksamkeit. Viele, auch seriöse Zeitungen spekulierten über Marsianer oder andere Außerirdische, die ihr Eigentum zurück geholt hätten und verbreiteten damit Angst und Schrecken. Die Spurenlage und die Rekonstruktion durch Zeugen machte aber schnell klar, dass es sich nicht um das Werk von Außerirdischen handeln konnte, sondern um einen Diebstahl profaner Art.
Foto: Die Zeitung „Der bebilderte Monarch“ vom 16.11.1900 veröffentlichte eine Fotocollage, die einen übergroßen „Marsianer“ zeigt, der in seiner einen Klaue das OVNIC und in der anderen die Dampflokomotive hält, die das Flugobjekt transportierte. Die Qualität der Darstellung erzeugte bei der lokalen Bevölkerung große Angst und Hysterie, da der Ort des Geschehens und viele Details exakt wiedergegeben waren. Die Darstellung inspirierte Illustratoren bis heute. Henrique Alvim Corrêa schuf nach dieser Vorlage seine berühmten Buchillustrationen zu H.G. Wells „Krieg der Welten“. Sowohl der Zeitungsillustrator als auch die verwendete Technik ist unbekannt, die Qualität der Collage war seiner Zeit weit vorraus.
Foto: Dem großen Erfolg auf der Weltausstellung nacheifernd, zeigten eine Vielzahl von Schaustellerbetrieben auf Jahrmärkten mehr oder weniger gelungene Nachbauten des OVNIC und behaupteten das Original zu präsentieren. Als Zugabe dichteten die Betreiber eigene Interpretationen außerirdischer Welten hinzu.
Foto: Als wahrscheinlich gilt, dass die Durchführung dieses Husarenstücks auf das Konto der „Pollet-Bande“ ging. Diese Verbrecherbande machte zu jener Zeit Nordfrankreich und das belgische Grenzgebiet mit Raubüberfällen und Einbrüchen unsicher und hatte die nötige Erfahrung, einen Coup dieser Größenordnung durchzuführen. Während seiner Haft soll Abel Pollet, der Kopf der Bande, mit dem Zugüberfall vor Mitgefangenen geprahlt haben. Er gab an, das OVNIC an einen Diplomaten aus Latveria verkauft zu haben. Pollet und drei seiner Spießgesellen lastete man vier Morde, sieben Mordversuche und 114 versuchte oder tatsächlich begangene Diebstähle an. Am 26. Juni 1908 wurden sie verurteilt und am 11. Januar 1909 durch die Guillotine hingerichtet. Den Hinweisen zum OVNIC-Diebstahl ging man nicht nach.
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