Lokomotiven und ihre Geschichte: Die Dampflokomotiven der BR 05 in Cavembourg

Baureihe 05 002 und 05 003 (& 05 001):

1931 fuhr der Schienenzeppelin einen Weltrekord für Bahnfahrzeuge. Dies gab in Deutschland den Impuls zur Entwicklung schnellerer Dampflokomotiven und die deutsche Dampflokfabrik Borsig entwickelte drei Lokomotiven der Baureihe 05 als vollverkleidete Einheits-Schnellzuglokomotiven für die Deutsche Reichsbahn. Diese Lokomotiven sollten in der Ebene 250 t mit 150 km/h ziehen und eine Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h zum Einfahren von Verspätungen erreichen können. Die 05 002 stellte 1936 einen Geschwindigkeits-Weltrekord von 200,4 km/h auf und bleibt damit bis heute die schnellste deutsche Dampflok. Der planmäßige Einsatz der 05 002 und ihrer baugleichen Schwesterlok 05 001 erfolgte ab 1936 im FD-Zugplan zwischen Berlin und Hamburg.

Mit Beginn des zweiten Weltkrieges war die Nachfrage nach schnellen FD-Zügen im Reichsgebiet vorbei. Nach der Besetzung Cavembourgs und Nordfrankreichs durch die deutsche Wehrmacht im Juni 1940, richteten die deutschen Besatzer jedoch eine prestigeträchtige Eisenbahnverbindung zwischen dem Reichsgebiet und der französischen Hauptstadt Paris ein.
Mit der Stilllegung des Schienenzeppelins 1939 hatte es auf der Schnellbahnmagistrale Cavembourg – Paris keine Schnellverbindung mehr gegeben und so wurde die 05 002 die Nachfolgerin des legendären Flugbahnwagens. Ihr Heimat-BW wurde Cavembourg.
Da sie aus wartungstechnischen Gründen ihre Borsig-Verkleidung bereits 1939 verloren hatte, nutzte man in Cavembourg die Erfahrungen mit verkleideten Schnellzuglokomotiven und gab der 05 002 für ihre neue Aufgabe eine verbesserte Verkleidung. Sie verkehrte einmal täglich zwischen Cavembourg und der französischen Hauptstadt und zurück.

Doch bereits im Winter 1940/41 wuchs die Gefahr, daß die Schnellbahnmagistrale durch Sabotage oder Bombenangriffen Schaden nehmen könnte und so stellte man die letzte, planmässige und internationale Verbindung der DRG nach nur 6 Monaten endgültig ein.
Bei ihrem Rückzug 1944 ließen die Deutschen die Lokomotive im Königreich Cavembourg zurück.

Foto: Frontansicht der 05 002 in Cavembourg
Foto: Auf einer Fahrt nach Paris auf der zweigleisig ausgebauten Schnellbahnmagistrale 1940. Die seltene Farbfotografie zeigt die auffällige rote Lackierung. Die Stromlinienverkleidung der 05 umschloss diese vollständig und reichte bis wenige Zentimeter über der Schienenoberkante herab und die Treibräder waren über Rollläden zugänglich.
Foto : Die Weltrekordlok 05 002 im Museum für Technikgeschichte in Cavembourg

Die Schwesterlok BR 05 001 verblieb auf dem Gebiet der Reichsbahn und verrichtete Dienst im allgemeinen Schnellzugverkehr. Auch sie hatte ihre Verkleidung verloren. Am 2. März 1943 stieß sie im Bahnhof Ashausen mit einer Rangierlokomotive zusammen und kippte um. Sie wurde instand gesetzt und fuhr planmässig bis 1958 bei der Deutschen Bundesbahn. Nach ihrer Stilllegung bekam sie ihre Verkleidung zurück und steht heute im Verkehrsmuseum Nürnberg.

Foto: Die 05 001 im Verkehrsmuseum Nürnberg (wikipedia)

Auch die dritte der Baureihe 05, die BR 05 003, sollte ihren Weg nach Cavembourg finden.
Der deutsche Lokomotivhersteller Borsig hatte sie als Versuchslok für hohe Geschwindigkeiten konzipiert und 1937 gebaut. Da man sich eine verbesserte Sicht bei den angestrebten Geschwindigkeiten versprach, drehte man den Stehkessel und platzierte ihr Führerhaus samt Brennerraum vorne. Sie wurde mit Kohlestaub befeuert, der über ein druckluftbetriebenes Rohrleitungssystem in die Feuerbüchse gelangte. Die Rohrleitungen hatten durch ihre Länge und Biegungen entlang des Kessels nach vorne Probleme mit Ablagerungen und Verstopfungen und das zog massive Leistungsverluste nach sich.
Nachdem Nachrüstungen am Rohr- und Druckluftsystem der Kohlestaubfeuerung keinen Erfolg hatten, kam sie 1941 in die cavembourgische Lokomotivbaumanufaktur, wo sie einer vollständigen Revision unterzogen werden sollte.

Foto: Die 05 003 als Kohlestaublok mit dem Führerhaus vorne.

Der cavembourgische Chefingenieur Bruno Jabelmann arbeitet zu diesem Zeitpunkt an Hitlers Idee einer „Breitspur Kontinentalbahn“. Er hatte für die Breitspurbahn den Gasturbinenantrieb entwickelt und benötigte dafür eine große Versuchslokomotive, die er aber auf Grund des allgemeinen Kriegsgeschehens nirgendwo auftreiben konnte.
Jabelmann nutzte die Gelegenheit und nahm sich der 05 003 an. Er zerlegte sie in ihre Einzelteile und baute aus ihrem Fahrgestell und ihrer Verkleidung den Experimentalaufbau für seinen Gasturbinenantrieb. Nach einigen Versuchsfahrten wollte er die Lokomotive wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückbauen und sie wie beauftragt überarbeiten.

Doch dazu kam es nicht: Nachdem der Gasturbinenantrieb erfolgreich getestet worden war, gelangten die Meldungen über das neuartigen Aggregat und seine Überlegenheit gegenüber dem Dampf- und Dieselantrieb auch nach Berlin. Hermann Göring beorderte die Jabelmannsche Gasturbinenlok in die Reichshauptstadt, wo sie Hitler als erster Schritt auf dem Weg zur Breitspurbahn präsentiert werden sollte. Hitler war angetan von der modernen Antriebstechnik und erklärte sie kurzerhand zur „Führerhauptlokomotive“. Es schien unwahrscheinlich, daß die originale 05 003 je wieder zusammen gebaut werden würde, was Jabelmann in jenen Tagen in seinem Werkstatttagebuch bedauernd notierte (zusammen mit der bangen Sorge, daß man ihn für diesen gewagten Griff nach Reichseigentum vor ein Kriegsgericht stellen könnte).
Die restlichen Teile der originalen Dampflokomotive 05 003 lagerte Jabelmann auf dem Gelände der Lokomotivbaumanufaktur ein.

Nach dem Ende des Krieges kam die „Führerhauptlokomotive“ in die Reparationsmasse für Kriegsschäden der U.S. – alliierten Besatzungszonen. Mit Hilfe von Königin Siegfriede gelang es Jabelmann schließlich, die Gasturbinenlok als Teil von Reparationszahlungen zurück nach Cavembourg zu holen.

Foto: Die Gasturbinenlok von Bruno Jabelmann wird ins Cavembourgische Museum für Technikgeschichte überführt. Eine Dampflokomotive der Baureihe 58 schleppt sie zusammen mit einem Begleitwagen von Berlin Spandau ins 850 Kilometer entfernte Königreich. Es ist nicht bekannt, ob Hitler oder die Reichsführung die „Führerhauptlokomotive“ jemals genutzt hatten. Ihre Kilometerleistung bei der Übernahme in Berlin betrug nur 1050 Kilometer (die Anfahrt nach Berlin im Frühjahr 1941 waren bereits fast 850 Kilometer gewesen). Die Überführungsfahrt von Berlin dauerte 12 Tage wegen z.T. tagelanger Unterbrechungen, bei denen das Lokpersonal im mitgeführten Begleitwagen wohnte.

Da die Lok jedoch in einem sehr guten, fahrbereiten Zustand war, verwarf er den Plan die Gasturbinenlok zurückzubauen, um die 05 003 wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen.
Es schien einfacher, die 05 003 aus Neuteilen und den eingelagerten Resten zu rekonstruieren und die Gasturbinenlok zu behalten. Beim Neubau der 05 003 wurde der Stehkessel und das Führerhaus an die klassische Position einer Dampflokomotive gesetzt und auf eine Verkleidung der Lok verzichtet.

Am 3. April 1946 fuhr die neue BR 05 003 zur Endabnahme und im Juni des selben Jahres konnte sie an die „Betriebsvereinigung der Südwestdeutschen Eisenbahnen“ zurückgegeben werden. Die ehemalige „Führerhauptlokomotive“ blieb in Cavembourg.
Die 05 003 war bis 1958 im Dienst der Deutschen Bundesbahn und kam nach ihrer Stillegung in das Cavembourgische Museum für Technikgeschichte, wo auch die Gasturbinenlok zu sehen ist.

Foto: Die 05 003 war im Mai 1950 in Cavembourg. Sie zog den Diplomatenzug des deutschen Bundeskanzlers Adenauer bei seinem Staatsbesuch im Königreich.
Foto: Die 05 003 im Museum für Technikgeschichte. Sie ist fahrbereit und wird zu Museumsfahrten genutzt.
Foto: Und die Jabelmannsche Gasturbinenlok im selben Museum

Fortsetzung folgt: Das Cavembourgische Museum für Technikgeschichte

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